Steiermärkische Rechtsanwaltskammer
Salzamtsgasse 3/IV
8010 Graz

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Schiedsgericht

Vorteile eines schiedsgerichtlichen Verfahrens: Gerichtliche Verfahren verhelfen oftmals wegen der überlangen Verfahrensdauer nicht zur gewünschten Rechtsdurchsetzung. Eine Möglichkeit, der schleppenden Erledigung dringend zu lösender Probleme auszuweichen, stellt die Anrufung eines Schiedsgerichtes dar. Dieses hat wegen der Auswahl der Schiedsrichterinnen/Schiedsrichter durch die Parteien überdies den Vorteil, dass die berufene Schiedsrichterin / der berufene Schiedsrichter Spezialistin/Spezialist auf dem in Betracht kommenden Rechtsgebiet sein kann und nicht – wie im gerichtlichen Verfahren – nach sachfremden Kriterien (gleichmäßige Auslastung aller Richterinnen/Richter) bestimmt wird.

Besonderer Vorteil des bei der Rechtsanwaltskammer eingerichteten Schiedsgerichtes

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte verfügen wegen der Parteienvertretung in gerichtlichen Verfahren neben den staatlichen Richterinnen und Richtern über die größte Erfahrung in der Erledigung von Streitsachen. Sie sind mit Verfahrensvorschriften, den anzuwendenden Gesetzen, der Rechtsprechung der Höchstgerichte bestens vertraut und verfügen über eine unvergleichliche Praxis in der Beweisaufnahme (Zeuginnen-/Zeugenbefragung, Ermittlung des Inhaltes von Urkunden, Einholung von Sachverständigengutachten etc.).

Überdies müssen die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter, welche in die von der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer geführte Liste eingetragen sind, in Ausübung ihrer Tätigkeit haftpflichtversichert sein.

Das Schiedsgericht kann in zweierlei Weise angerufen werden:

  1. Aufgrund einer vorangegangenen Vereinbarung:
    Diese Vereinbarung kann getroffen werden, bevor überhaupt Differenzen entstehen (z. B. schon in einem Vertrag), aber auch noch, wenn bereits Meinungsverschiedenheiten ausgetragen werden und eine streitige Entscheidung unumgänglich erscheint. Wurde vereinbart, dass die Entscheidung durch ein Schiedsgericht erfolgen soll, so ist es in der Regel nachfolgend zwingend, dass das Schiedsgericht entscheidet. Es kann somit nicht mehr auf einer Gerichtsentscheidung bestanden werden, außer die Streitparteien sind sich hierüber einig.
  2. Ohne vorangegangene Vereinbarung durch Einlassung der/des Beklagten in das Verfahren:
    Auch ohne vorangegangene Vereinbarung kann dieses Schiedsgericht angerufen werden, wobei es allerdings nur dann zu einem Schiedsverfahren kommt, wenn die/der Beklagte ein solches Verfahren akzeptiert. Lässt sie/er sich nicht auf das schiedsgerichtliche Verfahren ein, bleibt es bei der gerichtlichen Zuständigkeit, d. h., es kann niemand zu einem Verfahren vor dem Schiedsgericht ohne sein vorangegangenes Einverständnis gezwungen werden.

Das Schiedsgericht kann zur Entscheidung in allen Materien berufen werden, welche nicht von Gesetzes wegen ausschließlich Gerichten und Verwaltungsbehörden vorbehalten sind. Nicht möglich ist z. B. die Vereinbarung einer schiedsgerichtlichen Entscheidung für die Durchführung einer Ehescheidung oder die Regelung der Obsorge von minderjährigen Kindern. Wohl aber kann ein Aufteilungsverfahren im Zuge der Auflösung der Ehe Gegenstand eines schiedsgerichtlichen Verfahrens sein. Häufig wird die Entscheidung durch ein Schiedsgericht in Bau-, Dienst- und Gesellschaftsrechtssachen vereinbart.

Häufig wird die endgültige Erledigung einer Streitsache durch das Schiedsgericht schneller herbeigeführt als durch ein gerichtliches Verfahren. Dies ist deshalb möglich, da das Schiedsgericht nur in einer Instanz entscheidet. Die Schiedsordnung sieht auch besondere Verfahrensbestimmungen vor, welche die Verfahrensverschleppung verhindern sollen.

Es lässt sich nicht allgemein gültig sagen, ob das schiedsgerichtliche Verfahren billiger oder teurer ist als ein Gerichtsverfahren in derselben Sache. Häufig ist das schiedsgerichtliche Verfahren durch die Verfahrensstraffung und -erledigung in nur einer Instanz zum Teil erheblich billiger. Das schiedsgerichtliche Verfahren kann dann teurer als das Gerichtsverfahren sein, wenn das Gerichtsverfahren nur sehr kurz wäre, da im schiedsgerichtlichen Verfahren neben den Parteienvertreterinnen/Parteienvertretern auch die Schiedsrichterin / der Schiedsrichter zu entlohnen ist.

Die Kosten können der Gebührentabelle entnommen werden, wobei darauf zu verweisen ist, dass es bei besonderem Aufwand zu einer Erhöhung der Schiedsgebühr kommen kann.

Zu unterscheiden ist hiebei, ob das Schiedsgericht aufgrund einer vorangegangenen Schiedsvereinbarung oder ohne eine solche angerufen wird.

  1. Erfolgt die Anrufung des Schiedsgerichtes aufgrund einer vorangegangenen Schiedsvereinbarung zwischen den Streitteilen, so ist eine Klage, gerichtet an das Schiedsgericht der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer, Salzamtsgasse 3/IV, 8010 Graz, in so vielfacher Ausführung einzureichen, dass für jede beklagte Partei sowie für das Schiedsgericht Ausfertigungen zur Verfügung stehen (bei nur einer beklagten Partei daher in zweifacher Ausfertigung).
    Die Klage hat hiebei jene Angaben zu enthalten, welche in den §§ 126 ff ZPO genannt sind. Der Klage sind ein urkundlicher Nachweis über die Vereinbarung der Zuständigkeit des Schiedsgerichtes sowie ein Nachweis über die Zahlung der zu entrichtenden Schiedsgebühr vorzulegen.
    Die klagende Partei hat des Weiteren die Möglichkeit, in der Klage eine konkrete Schiedsrichterin / einen konkreten Schiedsrichter vorzuschlagen und hat zu erklären, dass sie – wenn sich die Parteien auf eine Schiedsrichterin / einen Schiedsrichter nicht einigen können – mit der Bestellung einer Schiedsrichterin / eines Schiedsrichters durch das Präsidium des Schiedsgerichtes einverstanden ist.
    Die klagende Partei hat auch die Möglichkeit vorzuschlagen, dass anstelle einer Schiedsrichterin / eines Schiedsrichters ein Senat aus drei Schiedsrichterinnen/Schiedsrichtern als allgemeiner Senat entscheiden soll. In diesem Fall hat sie zwingend eine Schiedsrichterin / einen Schiedsrichter des Senates zu benennen.
  2. Erfolgt die Anrufung des Schiedsgerichtes ohne Schiedsvereinbarung, so hat die klagende Partei anstatt der Vorlage eines urkundlichen Nachweises einer Schiedsvereinbarung zu erklären, dass die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes von ihr vorgeschlagen wird. Im Übrigen besteht kein Unterschied in der Einleitung des Verfahrens. Die beklagte Partei muss allerdings nach Zustellung der Klage durch das Schiedsgericht binnen 14 Tagen erklären, dass sie sich auf das Schiedsverfahren einlässt. Wird dies von der beklagten Partei jedoch abgelehnt oder äußert sie sich zur Aufforderung des Schiedsgerichtes nicht, so wird hievon die klagende Partei verständigt. Bei mangelnder Einlassung der/des Beklagten wird der klagenden Partei auch die Schiedsgebühr zur Gänze rückerstattet.